Gute Zusammenarbeit braucht Privatsphäre
- 07.10.2014
- Bürowelten
Unternehmen weltweit schlagen Alarm: Das Engagement der Mitarbeiter hat ein niedriges Niveau erreicht. Einer der Gründe dafür könnte die mangelnde Privatsphäre am Arbeitsplatz sein – das zumindest zeigt die neueste Studie von Steelcase. Mitarbeiter können sich demnach immer schlechter konzentrieren, nachdenken und regenerieren. Das wirkt sich negativ auf ihre Arbeitszufriedenheit, die Motivation und damit auf die Leistungsbereitschaft aus. Innovative Ideen bleiben auf der Strecke und das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter leidet. Die breitangelegte internationale Studie "Wohlbefinden am Arbeitsplatz", die Steelcase in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut Ipsos in vierzehn Ländern durchgeführt hat, sowie zahlreiche Feldforschungen und Befragungen des Steelcase Think Tanks "WorkSpace Futures" liefern umfangreiche Erkenntnisse zum Thema Privatsphäre im Büro.
Die aktuelle Ipsos-Studie macht unter anderem deutlich, dass vielen Mitarbeitern ruhige Arbeitsumgebungen fehlen, die ungestörtes Arbeiten zulassen. 67 Prozent der deutschen Angestellten sind dem Bürotrubel jeden Tag ausgesetzt und haben nicht die Möglichkeit alternative Umgebungen, wie das Home Office, zu nutzen, um ihren Aufgaben ungestört nachzugehen. Gut jeder zweite Angestellte fühlt sich regelmäßig unterbrochen und aus seiner Arbeit herausgerissen. Über ein Drittel der Befragten aus Deutschland gab zudem an, sich am Arbeitsplatz nicht konzentrieren zu können. Das kann sowohl auf die Motivation als auch auf das Engagement negative Auswirkungen haben. In den letzten Jahrzehnten wurde die Privatsphäre am Arbeitsplatz vernachlässigt. Unternehmen haben sich vor allem auf die Zusammenarbeit von Mitarbeitern fokussiert, und so wandelte sich die Bürogestaltung von geschlossen Räumen zu offeneren Flächen. Großraumbüros gelten als Ort für effektives Arbeiten im Team, aber: "In einigen Unternehmen ist diese Entwicklung zu weit gegangen; es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen Interaktion und Privatsphäre. Der Mangel an Rückzugsräumen wirkt sich dort negativ auf die Kreativität, Produktivität und das Engagement der Mitarbeiter aus", meint Chris Congdon, Director Research Communication bei Steelcase. "Viele Unternehmen erkennen noch nicht, dass erfolgreiche Zusammenarbeit auch individuelle, private Rückzugsräume benötigt.“ Dabei bestätigen die Steelcase-Forschungen, dass Mitarbeiter, die effektiv mit ihren Kollegen zusammenarbeiten sollen, weniger "Wir"- dafür mehr "Ich-Zeit" benötigen. Die Gründe, weshalb Mitarbeiter Privatsphäre suchen, variieren je nach Persönlichkeit, Gefühlslage, Kultur oder Aufgabengebiet.
Kontrolle von Reizen
"Wir haben mittlerweile ein anderes Verständnis von Privatsphäre. Während in der traditionellen Raumgestaltung Privatsphäre durch akustische, visuelle und räumliche Elemente geschaffen wurde, müssen Unternehmen heute weiter denken", erklärt Donna Flynn, Director des Steelcase WorkSpace Futures. "Privatsphäre heute bedeutet die Möglichkeit zu haben, interne und externe Reize zu kontrollieren. Unternehmen sollten ihren Mitarbeitern Kontrollmöglichkeiten darüber bieten, welche externen Störungen sie zulassen oder auch welche Informationen sie über sich preisgeben möchten." Denn im Laufe eines Arbeitstages verändern wir sowohl in unserer räumlichen als auch in unserer digitalen Umwelt mehrmals unsere Position dahingehend, etwas von uns preiszugeben oder etwas vor anderen zu verbergen. Und wechseln dazwischen, Reize zu suchen oder sie abzublocken.
Eine der entscheidendsten Erkenntnisse der Steelcase-Forschungsarbeit ist der direkte Zusammenhang zwischen Engagement und Privatsphäre. Je zufriedener ein Angestellter ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er engagiert ist. Privatsphäre ist also eine entscheidende Komponente, wenn es um Zufriedenheit am Arbeitsplatz geht. In der aktuellen Studie gaben nur 17 Prozent der am wenigsten engagierten und unzufriedensten Angestellten an, die Möglichkeit zu haben, „sich problemlos bei der Arbeit konzentrieren“ zu können. Umgekehrt erklärten 98 Prozent der höchst engagierten Mitarbeiter, dass es ihnen möglich ist, sich im Büro zu konzentrieren. "In der Lage zu sein ungestört zusammenzuarbeiten" und „die Möglichkeit zu haben, zu wählen, wo man arbeitet“, sind weitere Faktoren, die die Zufriedenheit von Angestellten beeinflussen. Die aktuelle Arbeitsplatzgestaltung verleitet uns dazu, zu denken, dass verspielte Büros mit geselligen und kontaktfreudigen Mitarbeitern zu einem höheren Maß an Engagement führen. Die Studienergebnisse hingegen zeigen, dass eben dieses Engagement tatsächlich begünstigt wird, wenn man den Mitarbeitern Zugang zu Orten bietet, wo diese sich bei Bedarf ungestört konzentrieren können.
Ein Ökosystem von Räumen
Es macht einen Unterschied, Mitarbeitern die Freiheit zu geben, selbst zu entscheiden, wie sie arbeiten möchten. Die Möglichkeit der Wahl der Arbeitsumgebung kann sich in einer ausgeglichenen Raumplanung wiederfinden: Das Büro wird so zu einem Ökosystem mit unterschiedlichen offenen, abgeschirmten oder geschlossenen Räumen. "Der Schlüssel ist die richtige Balance zwischen kollektiven Arbeitsplätzen und stillen Kämmerlein", sagt Chris Congdon. "Mitarbeiter sollten die Chance haben, einen Arbeitsplatz zu wählen, der ihren momentanen individuellen Bedürfnissen am besten entspricht. Das trägt dem Wohlbefinden und der Motivation der Mitarbeiter sowie dem wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen Rechnung."