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Bleiben oder nicht bleiben? Trotz einer relativ hohen Loyalität zum Arbeitgeber haben Mitarbeitende andere Jobs im Blick, um sich finanziell zu verbessern oder weniger Stress zu haben. (Bild: LI20 San Francisco 54, cc)
Bleiben oder nicht bleiben? Trotz einer relativ hohen Loyalität zum Arbeitgeber haben Mitarbeitende andere Jobs im Blick, um sich finanziell zu verbessern oder weniger Stress zu haben. (Bild: LI20 San Francisco 54, cc)

Reallohnverlust: Loyalität zum Arbeitgeber hält nicht von der Jobsuche ab

Jahrelang bei ein und demselben Unternehmen arbeiten? Was in öffentlichen Diskussionen fast wie ein Relikt längst vergangener Tage wirkt, entspricht für die Mehrheit der deutschen Berufstätigen der Realität – das zeigt eine neue Studie von LinkedIn.

YouGov hat im Auftrag von LinkedIn zwischen dem 28. Juni und 2. Juli 2023 1052 Arbeitnehmer in Deutschland zu ihrem Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Arbeitgeber sowie der aktuellen Situation in ihrem Unternehmen befragt.

In der Umfrage geben drei von fünf der befragten Arbeitnehmer (60 Prozent) an, bereits seit mindestens fünf Jahren für ihren Arbeitgeber tätig zu sein. Selbst unter den Millennials gilt dies für mehr als jeden Zweiten (55 Prozent) und in der Gen Z immerhin für ein Fünftel (19 Prozent) – also den Generationen, denen häufig Illoyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber vorgeworfen wird. Und nicht nur das: Mehr als zwei Drittel aller Befragten (67 Prozent) spüren zudem ein hohes Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Arbeitgeber, jeder Fünfte (21 Prozent) hat sogar das Gefühl, dass er und sein Arbeitgeber kulturell „perfekt“ zusammenpassen.

Trotz hoher Zugehörigkeit liebäugeln zwei Fünftel der Befragten (40 Prozent) in den nächsten zwölf Monaten mit einem Jobwechsel oder sind bereits aktiv auf der Suche nach einer neuen Stelle. Unternehmen dürfen sich also nicht auf diesen Ergebnissen ausruhen, sondern müssen aktiv werden, um auch loyale und langjährige Mitarbeiter halten zu können.

Hohe Zugehörigkeit, aber dennoch Wechselwunsch

Zunächst einmal lässt sich aber festhalten, dass deutsche Arbeitgeber in den letzten Jahren wohl einiges richtig gemacht haben: Das Zugehörigkeitsgefühl der Arbeitnehmer hat sich seit 2018 nämlich praktisch nicht verändert – trotz oder vielleicht gerade wegen der Multikrisen der letzten Jahre. „Die COVID-19-Pandemie hat zu einer neuen Flexibilität in der Arbeitswelt geführt, die viele Erwerbstätige heute nicht mehr missen möchten. Auch sehnen sich Menschen in Krisenzeiten nach Stabilität und Unterstützung durch ihren Arbeitgeber. Gerade in solchen Momenten stellt sich häufig heraus, ob der langjährige Arbeitgeber immer noch der Richtige ist“, erklärt Barbara Wittmann, Country Managerin und Senior Director Talent Solutions bei LinkedIn DACH.

Die Studie zeigt: Insbesondere die Millennials (50 Prozent) und die Gen Z (57 Prozent) sind offen für eine neue berufliche Station. Sind sie also eigentlich doch dem gängigen Vorurteil entsprechend Jobhopper, die mit jedem Wechsel die Karriereleiter eine Stufe weiter erklimmen wollen? Oder gibt es andere Gründe, die sie jetzt zur Jobsuche bewegen? Naheliegend ist hier der mit einem Jobwechsel verbundene Gehaltssprung sowie die weiterhin hohe Inflation: Je niedriger das Gehalt – und bei jüngeren Arbeitnehmern ist es oft deutlich niedriger als bei älteren – desto schmerzhafter ist der inflationsbedingte Reallohnverlust. Das heißt, der Jobwechsel wird womöglich trotz einem hohen Zugehörigkeitsgefühl zum Arbeitgeber angestrebt, um den bisherigen Lebensstandard zu halten.

Arbeitnehmer wollen fair bezahlt und behandelt werden

Angesichts dessen ist es naheliegend, dass eine faire Bezahlung für die Befragten der wichtigste Faktor (64 Prozent) ist, um die Zugehörigkeit zum Unternehmen weiter zu stärken. Aber auch die Anerkennung von Leistung (63 Prozent) spielt dafür eine entscheidende Rolle. Die Studie offenbart aber noch einen anderen Punkt, der insbesondere jüngere Arbeitnehmer zur Jobsuche motivieren könnte: Sowohl die Millennials (42 Prozent) als auch die Gen Z (44 Prozent) haben das Gefühl, dass sich das Arbeitsklima im letzten Jahr aufgrund des Personalmangels maßgeblich verschlechtert hat. Unter den Babyboomern teilt währenddessen nur ein Viertel (25 Prozent) diese Ansicht. Zudem verspürt die Hälfte der Befragten aus den Generationen Y (47 Prozent) und Z (46 Prozent) erheblich mehr Stress als Folge einer angespannten Personaldecke, bei den Babyboomern und der Generation X sind es dagegen jeweils nur gut ein Drittel (36 Prozent). So sind ältere Mitarbeiter wohl deutlich resilienter als ihre jüngeren Kollegen.

„Eigentlich fühlen sich die meisten Arbeitnehmer:innen bei ihren Arbeitgebern gut aufgehoben. Und dennoch suchen viele derzeit nach einem neuen Job. Das hat sicherlich damit zu tun, dass der Fachkräftemangel die Ausgangslage von Erwerbstätigen in vielen Branchen begünstigt“, führt Barbara Wittmann weiter aus. „Führungskräfte dürfen diese Dynamik nicht unterschätzen, gerade unter den jüngeren Mitarbeitenden. Daher sollten sie herausfinden, an welchen Stellen Unzufriedenheit mit dem Arbeitsumfeld oder der Unternehmenskultur herrscht, und Lösungen finden, um dieser entgegenzuwirken und Mitarbeitende zu halten, die eigentlich gar nicht weg wollen. Oft kann die Möglichkeit zur Mitarbeit an einem besonderen Projekt oder auch ein interner Stellenwechsel eine leicht umsetzbare Lösung sein, um Mitarbeiter:innen zu motivieren und zu binden.“

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