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Peter F. Schmid, CEO von Visable (Bild: Visible)
Peter F. Schmid, CEO von Visable (Bild: Visible)

Lage verschärft sich: Visable-Studie zum Fachkräftemangel in den KMU

Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag des B2B-Plattformbetreibers Visable unter deutschen Unternehmen verdeutlichen die dramatischen Auswirkungen des Fachkräftemangels. Doch nicht nur in Deutschland trifft der Fachkräftemangel die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) schwer.

So gibt rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) an, dass das Fehlen von geeignetem Personal bereits „eher starke“ oder sogar „sehr starke negative Auswirkungen“ auf den Geschäftserfolg habe. Nur 19 Prozent der Unternehmen verzeichnen keine negativen Auswirkungen. Besorgniserregend ist auch die Prognose: Jeder zweite Befragte geht davon aus, dass sich die Lage in den kommenden fünf Jahren noch weiter verschärfen wird (49 Prozent).

Ebenfalls befragt wurden Entscheider in den weiteren Kernmärkten von Visable. Die Erkenntnis: Entgegen der Wahrnehmung hierzulande ist Fachkräftemangel kein spezifisch deutsches Problem. Die negativen Auswirkungen sind in Frankreich, Österreich und der Schweiz genauso gravierend. Im Durchschnitt aller Länder schätzt jeder zweite Befragte (51 Prozent) die Auswirkungen als „eher stark“ oder sogar „sehr stark“ ein, in Österreich geben sogar fast 6 von 10 Befragten diese Einschätzung ab (58 Prozent). Über alle Länder hinweg sehen die Entscheider die Zukunft düster: Jeder Zweite (48 Prozent) geht von einer Verschlechterung der Situation aus, gerade einmal 6 Prozent haben Hoffnung auf eine Verbesserung. Ist Deutschland also vielleicht gar nicht „der kranke Mann Europas“, sondern Europa schon insgesamt am Kränkeln, ohne dass das auf politischer Ebene bisher genug wahrgenommen wird?

Abwanderungswelle wegen Fachkräftemangel?

Wie dramatisch die Situation empfunden wird, zeigen auch folgende Zahlen: Bereits 16 Prozent der Befragten erwägen, mit ihrem Unternehmen zumindest teilweise ins Ausland abzuwandern. Ein deutlicher Unterschied besteht hier zwischen West- und Ostdeutschland. Während in Westdeutschland rund 13 Prozent über eine Abwanderung bzw. Verlagerung einzelner Arbeitsbereiche ins Ausland nachdenken, ist es in den neuen Bundesländern sogar jedes vierte Unternehmen. Würden diese Pläne überall in die Tat umgesetzt, beträfe das in Deutschland hochgerechnet viele tausend Unternehmen.

Eine Abwanderungswelle droht also. Und das obwohl viele Unternehmen in Anbetracht der kritischen Situation bereits eine breite Palette an Maßnahmen nutzen, um die negativen Auswirkungen des Fachkräftemangels abzufedern. Dabei werden sie zum großen Teil selbst aktiv bei der Suche nach geeigneten Fachkräften. Rund 33 Prozent der Befragten nennen den Ausbau des Recruitings, 26 Prozent setzen auf interne Kompetenz- und Wissenstransferprogramme. Ein weiterer Hoffnungsträger ist die Digitalisierung: Mehr als jedes vierte Unternehmen geht die Herausforderungen durch den Fachkräftemangel mit Digitalisierung und Automatisierung an (28 Prozent), auf einen verstärkten Einsatz von KI setzen 17 Prozent. Mit besseren Vertragskonditionen will jeweils jedes fünfte Unternehmen Fachkräfte anlocken, darunter geben 22 Prozent Zahlungen überdurchschnittlicher Branchengehälter und 20 Prozent das Angebot flexibler Beschäftigungsmodelle an. Der deutsche Mittelstand reagiert also aktiv auf die Herausforderungen des Personal- und Fachkräftemangels.

Peter F. Schmid, CEO von Visable, ordnet die Ergebnisse ein: „Unsere Zahlen offenbaren ein bedenkliches Bild – deutsche Unternehmen sind mit voller Wucht vom Fachkräftemangel getroffen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz reicht nicht aus, um die Herausforderung zu meistern. Das Rückgrat unserer Wirtschaft ist bedroht, der Handlungsdruck ist hoch.“

Forderungen an die Politik

Deutsche KMU sehen sich im anhaltenden Fachkräftemangel zusätzlich mit hohem Verwaltungsaufwand und administrativen Hürden konfrontiert: Mehr als jedes vierte Unternehmen fordert dringend einen Bürokratieabbau von der Politik (28 Prozent). Der in Politik und Medien diskutierte und von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, befürwortete Ansatz, die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen, stößt bei den Unternehmen auf wenig Zuspruch. Nur 14 Prozent der Befragten fordern entsprechende Maßnahmen, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu erhöhen und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz löst die Probleme nicht

Die Befragten sehen weiterhin erheblichen Handlungsbedarf bei den gesetzlichen Regelungen zur Einwanderung von Fachkräften. Fast sechs von zehn Befragten (57 Prozent) glauben auch nicht, dass die jüngst von der Ampel beschlossene Reform des Gesetzes zu entscheidenden Verbesserungen führen wird. Ein zentraler Kritikpunkt ist der hohe Verwaltungsaufwand, der Deutschland für ausländische Fachkräfte wenig attraktiv macht. Mehr als jeder dritte Entscheider (36 Prozent) sieht die Attraktivität Deutschlands durch bürokratische Hürden bedroht, während 24 Prozent rechtliche Hürden bei der Einwanderung als problematisch erachten.

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