Andreas Reuter: „Wieso die digitale Transformation auch eine kulturelle Transformation bedingt“
- 16.02.2022
- Gastkommentar
Keine Frage: In 2021 gewann das Thema Digitalisierung für Unternehmen weiter an Bedeutung und man konnte einen gewissen Digitalisierungsschub verzeichnen, der vor allem technologische Transformationen umfasste. Was in all den Diskussionen um eine voranschreitende Digitalisierung jedoch häufig in den Hintergrund rückt, sind die Menschen, die den Entwicklungen in den Unternehmen gegenüberstehen, sie tragen und deren Arbeitsalltag sich dadurch verändert. Deshalb sollten wir immer, wenn pauschal über Digitalisierung gesprochen wird, uns auch ehrlich fragen: Welche realen Herausforderungen stecken dahinter? Und welche Rolle nimmt dabei auch die kulturelle Transformation innerhalb eines Unternehmens ein?
Blicken wir auf 2021 zurück, gab es mehrere Auslöser, die zu einer digitalen Weiterentwicklung geführt haben: Zunächst natürlich die anhaltend veränderten Bedingungen durch die pandemische Lage. Damit einher ging eine rasante Weiterentwicklung der Technologien und zu guter Letzt verschärfte sich auch die Konkurrenzsituation am Markt. Zusätzlich kamen auf den E-Commerce-Handel im vergangenen Jahr noch weitere Herausforderungen zu: Ressourcen- und Lieferengpässe standen spürbar hohen Nachfrageansprüchen der Kund:innen gegenüber. Die Präsenzpflicht der Mitarbeiter:innen in den Unternehmen wurde wann immer möglich durch Home Office ersetzt. Zudem wuchs stetig die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung angesichts der pandemiebedingten Regulierungen und mündete, insbesondere zum Jahresende, in Rabattschlachten – auch im B2B-Bereich.
Die dadurch unverzichtbar gewordene digitale Transformation sollten Unternehmen nicht als permanenten Druck sehen, sondern als Chance für das eigene Geschäftsmodell. Sie ermöglicht es, mit unterschiedlichen Herausforderungen umzugehen, auf neue Situationen schnell zu reagieren und dadurch am Markt nicht den Anschluss zu verlieren und sich sogar idealerweise an der Spitze wiederzufinden. Das funktioniert, wenn rechtzeitig Ressourcen und Know-how gesichert und akquiriert werden.
Im vergangenen Jahr fand der Digitalisierungsschub, neben der Kommunikation mit Kund:innen und Partner:innen über Videocalls und auf weiteren digitalen Kanälen jenseits der E-Mail, vor allem im Hintergrund statt. Vielfach wurde die Suche für Kunden optimiert, noch schneller auf Anfragen reagiert und smarte Empfehlungen im Web Shop eingestellt. Derlei Tools bieten in unsicheren Zeiten Lösungen, die dann funktionieren, wenn Mitarbeiter:innen durch die Kultur innerhalb des Unternehmens eine Struktur und Orientierung gegeben wird. Das bedeutet, dass ein Spagat gelingen muss: Einerseits technologisch auf dem neuesten Stand zu sein, um konkurrenzfähig zu bleiben; andererseits die Mitarbeiter:innen bei der Transformation zu begleiten.
Damit dies gelingt, gibt es einige Umsetzungsmöglichkeiten: Mitarbeitende können sich zum Beispiel in einer Taskforce engagieren und neue Prozesse selbst aktiv mitgestalten. Man kann kleine Expertenteams gründen, etwa eines für Video-Content. Oder man schafft Möglichkeiten, Dinge auszuprobieren – in einer Art sicherer Start-up-Umgebung, in der agile Prozesse getestet, angepasst und evaluiert werden können.
Fakt ist: Unternehmen befinden sich in einer Zeit des digitalen Umbruchs – von kollaborativen Tools in der Kundenansprache, über das technologisierte Recruiting im War for Talents, bis hin zur Generierung von Akzeptanz unter den Mitarbeiter:innen für New Work. Das Jahr 2022 wird sicherlich noch weitere Veränderungsprozesse bringen. Für ein Unternehmen ist es daher essentiell, dass die Digitalisierung von allen gleichermaßen akzeptiert und vorangetragen wird. Digitaler Wandel ohne kulturellen Wandel im Unternehmen kann und wird nicht nachhaltig sein.