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Nachhaltig mobil sein

Fukushima, verheerende Tsunamis und Seuchen wie EHEC haben zu einem Bewusstseinswandel geführt, der bis in die Unternehmen reicht. Ein Baustein des Nachhaltigkeitsgedankens ist der Trend zu „grünen“ Geschäftsreisen. Ein Gastbeitrag des VDR.

Workshop „Grüne Reiserichtlinie“: Sabine Ottmann (Siemens AG) und Lorenz Szyperski (Umwelt-Sachverständiger/ Koordinator betrieblicher Umweltschutz bei der KfW Bankengruppe), Leiter des VDR-Fachausschusses Nachhaltigkeit
Workshop „Grüne Reiserichtlinie“: Sabine Ottmann (Siemens AG) und Lorenz Szyperski (Umwelt-Sachverständiger/ Koordinator betrieblicher Umweltschutz bei der KfW Bankengruppe), Leiter des VDR-Fachausschusses Nachhaltigkeit

Gerade jetzt, da sich die Wogen der Finanzkrise langsam glätten, rücken auch wieder andere Aspekte außer den monetären in den Vordergrund. „Nachhaltige Mobilität war schon immer in den Hinterköpfen der Verantwortlichen – jetzt sollten die Ressourcen wieder vorhanden sein, um mehr CO2-Verantwortung zu übernehmen und für Nachhaltigkeit zu sensibilisieren“, so Dirk Gerdom.

Der Präsident des deutschen Geschäftsreiseverbands VDR spricht aus Erfahrung: Hauptberuflich verantwortet er das globale Travel Management der SAP AG in Walldorf. Der umfassende Begriff „Nachhaltigkeit“ schließt nicht nur wirtschaftliche und soziale Interessen mit ein, sondern auch umweltrelevante Kriterien. Die Geschäftsreisetätigkeit ist je nach Branche des Unternehmens ein sehr großer, mittlerer oder aber auch ganz kleiner „Emissions-Treiber“ im Nachhaltigkeitsbericht. Ein verantwortungsvoller Einkauf trägt deshalb maßgeblich zur CO2-Bilanz des Unternehmens bei.

Mittlerweile haben nicht nur große börsennotierte Unternehmen die Notwendigkeit einer seriösen Nachhaltigkeitsstrategie entdeckt, auch kleine mittelständische Unternehmen stellen sich der Verantwortung. Die Unternehmen, die sich jetzt mit dem Thema auseinandersetzen und Prozesse etablieren, werden langfristig gesehen für den Wettbewerb gut gerüstet sein.

„Tatsache ist, dass Unternehmen zunehmend Informationen über das nachhaltige Verhalten ihrer Leistungsträger abfragen. Das mag aus rein formalen Vorgaben US-amerikanischer Börsenregeln resultieren oder aus echtem Interesse“, erklärt der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Hans-Ingo Biehl.

Andrea Zimmermann (btm4u) beim Workshop „Grüne Reiserichtlinie“
Andrea Zimmermann (btm4u) beim Workshop „Grüne Reiserichtlinie“

Noch stehen in den Einkaufsabteilungen der Unternehmen eher wirtschaftliche Kriterien im Vordergrund, aber die Branche muss sich in Zukunft damit auseinandersetzen, denn nach dem Vorbild USA könnte in Zukunft auch deutschen Unternehmen mehr „Druck von oben“ bevorstehen. „Wir stellen fest, dass es Unternehmen gibt, die sich sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen und es gibt ebenso andere, die das Thema noch gar nicht aufgegriffen haben. In vielen Unternehmen sind nachhaltige Denkweisen noch in den Kinderschuhen. Aber das Interesse ist zu spüren – und es gibt bereits viele gute Ansätze“, so Biehl.

Der VDR hat Nachhaltigkeit in seiner Charta und der Satzung festgeschrieben. In der Praxis beschäftigt sich ein Fachausschuss – ein Expertenkreis aus Travel Managern, Umweltbeauftragten und Dienstleistern – mit dem Themenkomplex. Neben einem Wegweiser Nachhaltigkeit hat der VDR bereits einen RFP-Nachhaltigkeit mit einem „grünen“ Fragenkatalog für alle Leistungsträger wie Flug, Bahn, Hotel, Mietwagen und Reisebüro entwickelt. Für 2011 ist die Erarbeitung einer grünen Reiserichtlinie geplant.

Die Diskussion, wie nachhaltige Mobilität gestaltet werden kann, wird in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben. Unternehmen, Kunden und Politik haben erkannt, wie wichtig ein überlegter Umgang mit Ressourcen und Emissionen ist und fördern dies bereits entsprechend. Firmen mit eindeutiger Position zu Nachhaltigkeit und Corporate Social Responsibility entwickeln Werte, haben eine stärkere Nachfrage und positionieren sich besser. Währenddessen verlieren Statussymbole an Wert und weichen nachhaltigen Mobilitätslösungen. Car Sharing, E-Mobilität und Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln werden gesellschaftsfähig.

Und das ist auch gut so, schließlich trägt die Branche, die jährlich auf 2,8 Millionen Veranstaltungen mit 318 Millionen Teilnehmern und über 150 Millionen Geschäftsreisen kommt, eine große Verantwortung. Bedenkt man, dass selbst moderne Hotels einen CO2-Ausstoß von knapp drei Kilo pro Übernachtung produzieren, errechnen sich atemberaubende Zahlen.

Reiner Siebers, Director of Sales & Marketing Europe der Adina Apartment Hotels (links), erhält das Zertifikat „Certified Green Hotel“ von Till Runte, Geschäftsführer der BTME Certified GmbH und Co. KG.
Reiner Siebers, Director of Sales & Marketing Europe der Adina Apartment Hotels (links), erhält das Zertifikat „Certified Green Hotel“ von Till Runte, Geschäftsführer der BTME Certified GmbH und Co. KG.

„Eine Nachhaltigkeitsstrategie im Unternehmen in allen Prozessen zu verankern geht nicht von heute auf morgen. Hier sollte man schrittweise vorgehen“, so der Verbandspräsident. So banal der erste Schritt in Richtung nachhaltige Reiseplanung klingt – er ist wichtig und bereits Bestandteil eines intelligenten Geschäftsreisemanagements: Die Frage nach der Notwendigkeit der Reise. Erst wenn Alternativen wie Web-, Video und Telefonkonferenzen ausgeschlossen sind (etwa bei Terminen zum Kennenlernen oder wichtigen Vertragsabschlüssen), kommt Punkt Zwei zum Tragen: Die Wahl des Verkehrsmittels und des richtigen Anbieters.

Ein Flug kann zum Beispiel nicht nur nach den besten Preisen ausgewählt werden, sondern auch nach nachhaltigen Gesichtspunkten. Auf Kurzstrecken kann statt des Fliegers die Bahn gebucht und bei Mietwagen auf Upgrades in die höhere, meist spritintensivere Variante, verzichtet werden. Diese Empfehlungen in der Reiserichtlinie nützen jedoch alles nichts, wenn die Mitarbeiter nicht dementsprechend sensibilisiert werden. Formulierungen in der Reiserichtlinie wie „könnten, sollten oder dürften“ machen keine klaren Vorgaben.

Ohne gezielte Steuerung beispielsweise in „Online Booking Engines“ oder durch die Buchung über das Reisebüro lassen sich keine Effekte erzielen. Einige Reiserichtlinien beinhalten bereits Vorgaben zum Beispiel für den CO2-Ausstoß bei der Mietwagenbuchung oder in Fuhrparkrichtlinien für den Emissionswert der Firmenfahrzeuge. Weil entsprechende Marktstandards fehlen, arbeitet der VDR derzeit gezielt mit Anbietern zusammen, um einen CO2-Standard zur Berechnung der Werte für Flug, Mietwagen, Bahn, Hotel und Mice voranzutreiben.

www.vdr-service.de

Certified Green Hotel

Geschäftsreiseverantwortliche und Veranstaltungsplaner können „grüne“ Hotels an Zertifizierungen erkennen (z.B. ISO 14001, Green Globe, Ökoprofit und Emas, Ecolabel). Der Geschäftsreiseverband VDR zertifiziert seit Oktober auch mit einem speziell auf den deutschen Markt zugeschnittenen Prädikat, dem „Certified Green Hotel“. Das Zusatzmodul zeigt die nachhaltige Qualität eines Hotels und wird zusätzlich zu den Prädikaten Certified Business Hotel und Certified Conference Hotel verliehen. Das VDR-Siegel ist eine verlässliche, vom Gast nachvollziehbare Auszeichnung, die ihm die Sicherheit gibt, dass sich das Hotel ehrlich und glaubwürdig mit dem Thema auseinandersetzt und sich das gute Gewissen nicht erkauft. Die 70 Kriterien für ein Certified Green Hotel sind aufgeteilt in die Kategorien Energie, Wasser, Müll, Essen und Trinken, Mobilität, gesellschaftliche Verantwortung (CSR) sowie Information und verantwortungsvolles Handeln.

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