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Bernd Bunzen von Soporcel im Interview

Papierhersteller Portucel Soporcel sieht die Zukunft des Büropapiers nicht bei

Recyclingprodukten sondern in Papieren mit niedrigem Flächengewicht und besserer Umweltbilanz, erklärt Deutschland-Chef Bernd Bunzen.

Herr Bunzen, es hat Jahre gebraucht, bis Recyclingbüropapier ernst genommen wurde. Heute sind diese Papiere oftmals weiß, tragen mitunter den Blauen Engel und haben sich beim Verbraucher ein gutes Image erarbeitet – wie sehen Sie diese Entwicklung?

Bernd Bunzen ist Deutschland-Geschäftsführer bei Portucel Soporcel
Bernd Bunzen ist Deutschland-Geschäftsführer bei Portucel Soporcel

Die Frage „Ist Recyclingpapier besser als Frischfaserpapier?“ macht aus unserer Sicht keinen Sinn. Warum? Man kann nicht alle Papiere dieser Welt aus Recyclingpapier herstellen. Jedes Recyclingpapier war auch einmal ein Frischfaserpapier. Daher sollten Industrie und Handel nach vernünftigen Wegen suchen, wo sich der Anteil von Recyclingfasern im Papier erhöhen lässt und wo das keinen Sinn macht.

... und im Büropapier macht Recyclingfaser keinen Sinn?

65 Prozent der in Europa genutzten Papiere werden heute für Verpackungen verwendet, für Zeitungsdruck und Hygienepapiere. All diese Produkte haben kurze Lebenszyklen und können getrost mit einem hohen Prozentsatz Recyclingfasern produziert werden, ohne negativen Einfluss auf die Produkteigenschaften. Büropapiere indes machen nur vier Prozent der gesamten verbrauchten Papiermenge aus, sie zählen zu den Produkten, an die der Kunde höhere Ansprüche stellt: Sie dienen beispielsweise dem Ausdruck von Rechnungen und Verträgen – Dokumenten also, die eine längere Zeit verwendet und teilweise archiviert werden.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?

Wir halten es nicht für sinnvoll, den Einsatz von Recyclingpapier im Büro zu promoten. Papierfasern können aus physikalischen Gründen nur eine begrenzte Anzahl von Recyclingprozessen durchmachen, anschließend sind sie für die Papierproduktion ungeeignet, können immerhin noch für die Gewinnung regenerativer Energien einen Beitrag leisten. Das heißt: Dem globalen Papierkreislauf muss permanent Frischfaser zugeführt werden. Ein höherer Recyclingfaseranteil im Büropapier führt nun lediglich dazu, dass man den Frischfaseranteil in Hygiene- oder Zeitungspapieren erhöhen müsste. Wir können darin keinen Nutzen erkennen! Büropapier wäre eine gute Quelle für die Herstellung von Recyclingpapier aller Art – wenn es aus Frischfaser besteht. Um es nochmal zu betonen: Wir empfehlen den Einsatz von Recyclingpapier für Verpackungspapier, Zeitungspapier und einige Hygienepapiere, die Frischfaser sollte aber vorzugsweise dem Einsatz für Büropapier vorbehalten sein. Dies ist nicht zuletzt eine Forderung an die Nachhaltigkeit der Papierherstellung weltweit.

Ein weiterer Aspekt wird häufig unterschätzt: Wälder wandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um. Daher hat die Ausweitung der Wälder für eine nachhaltige Forst- und Papierwirtschaft auch einen positiven Effekt für die Verminderung von CO2-Emissionen weltweit. Die Menge Kohlendioxid, die in den Wäldern unseres Unternehmens fixiert wird, entspricht den Emissionen eines Autos, das 1,5 Millionen Mal um die Erde gefahren ist. Unsere gesamte europäische Papierproduktion hat heute einen positiven Effekt auf die globale CO2-Bilanz: Während mehr Papier als vor zwanzig Jahren verbraucht wird, haben die Waldflächen deutlich zugenommen, außerdem wird mehr Papier recycelt als je zuvor.

Aufzucht von Eucalyptus globulus: schnellwachsende Quelle für die spätere Herstellung von Zellstoff und Papier
Aufzucht von Eucalyptus globulus: schnellwachsende Quelle für die spätere Herstellung von Zellstoff und Papier

Was bedeutet Nachhaltigkeit beim Hersteller Portucel Soporcel?

Seit vielen Jahren betrachtet unser Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit als wesentliches Element unseres Geschäftsmodells. Im letzten Jahrzehnt ist die Waldfläche in Portugal um 77 Prozent gewachsen. Mitverantwortlich dafür ist die nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcen, die durch Unternehmen wie Portucel Soporcel gefördert wurde. Wir unterstützen massiv die Ausweitung zertifizierter Forste in Portugal, nicht zuletzt da diese Zertifizierungen für uns als Premiumanbieter eine wichtige Rolle spielen, sie sind die Quelle für unseren Zellstoff. Das Unternehmen legt seit Jahren großen Wert auf die Verringerung der Umweltauswirkungen seiner Produktion, es wurde investiert in den Umweltschutz der Anlagen, in die Abfallvermeidung, die Verringerung des Wasserverbrauchs und der Luftverschmutzung. Papier aus nachhaltig bewirtschafteten Forsten ist eines der nachhaltigsten Produkte dieser Erde.

Können Sie das genauer erklären?

Alle Waldflächen, die durch Soporcel bewirtschaftet werden, sind FSC- oder PEFC-zertifiziert. Die Fabriken sind als Teil der Produktionskette ebenfalls nach diesen beiden Umweltsiegeln zertifiziert, sowie nach der Qualitätsnorm ISO 9001 und der Arbeitsschutznorm OHSAS 18001. Obendrein werden alle Werke nach dem Umweltmanagementsystem ISO 14001 gemanagt. Erst kürzlich haben wir außerdem das EU-Ecolabel für die Einhaltung strenger Umweltstandards erhalten, es bestätigt den Einsatz zertifizierten Holzes und die Nichtverwendung umweltschädigender oder gesundheitsgefährdender Stoffe. Das 2008 gesetzte Ziel einer Recyclingquote von 66 Prozent für die europäische Papierindustrie ist schon seit 2010 erreicht. Und noch eine Zahl: In unseren Werken konnten wir von 2000 bis 2010 die CO2-Emissionen um 46 Prozent senken, vor allem durch den Einsatz regenerativer Energien bei der Zellstoff- und Papierherstellung.

Angesichts dieser Investitionen: Wie sehen Sie die Expansion asiatischer Hersteller auf den europäischen Markt?

Die Globalisierung ist keine Einbahnstraße und es ist nur selbstverständlich, dass auch asiatische Hersteller immer wieder auf den europäischen Markt drängen‚ genauso wie auch wir europäischen Hersteller in Asien versuchen, Fuß zu fassen. Entscheidend ist allein, dass die Hersteller aus Asien und aus Europa unter den gleichen Wettbewerbsbedingungen produzieren und verkaufen, namentlich, dass die hohen Standards, unter denen europäische Hersteller arbeiten, auch von asiatischen Unternehmen angewandt werden.

Die Papierindustrie stöhnt unter steigenden Rohstoff- und Energiepreisen, wie gravierend ist die Situation aktuell bei Portucel Soporcel?

Portugal hat tatsächlich im weltweiten Vergleich die dritthöchsten Holzrohstoffkosten für die Herstellung von Zellstoff. Zusätzlich verteuern Zertifizierungen des Holzes die Herstellung. Glücklicherweise sind wir jedoch als integrierter Produzent, der seinen Zellstoff selbst herstellt, nicht so stark von den Preisschwankungen des Zellstoffmarktes betroffen wie nicht-integrierte Unternehmen. Obendrein produzieren wir mehr Energie als wir selbst verbrauchen und 2011 betrug der Anteil, der aus regenerativen Quellen stammt stolze 68 Prozent. Unser Unternehmen ist Portugals größter Hersteller von Energie aus Biomasse und hat einen Anteil von über 50 Prozent an der gesamten Energieproduktion aus dieser erneuerbaren Ressource.

Mit welcher Preisstrategie reagieren Sie auf diese Herausforderungen?

Wir werden als Premium-Lieferant wahrgenommen und unsere Preisstellung spiegelt diese Wahrnehmung. Gleichzeitig haben wir unseren Standard-Büropapieren neue Produkte mit niedrigeren Grammaturen zur Seite gestellt (75 und 70 Gramm pro Quadratmeter) – eine nachhaltige Wahl, ohne dass Qualität oder Performance leiden.

Dokumenten- und Archivierungssysteme könnten den Papierverbrauch langfristig senken, ebenso wie die massenhafte Verbreitung neuer mobiler Endgeräte wie iPad & Co – wie schätzen Sie die Bedeutung des Mediums Papier in Zukunft generell ein?

Mit dem Drucken in der „Cloud“ erhalten die Menschen die Möglichkeit, immer und überall zu drucken. Die E-Reader und Tablets werden Auswirkungen haben, allerdings erwarten wir diese weniger im Büropapiermarkt sondern stärker bei grafischen Papieren. Beim Thema elektronische Rechnungsstellung sieht das anders aus, es gibt wenige Argumente, die dagegen sprechen. Allerdings gibt es diese Fehlinterpretation, dass digitale Lesegeräte umweltverträglicher seien als Papier. Um dieses „Greenwashing“ zu stoppen, haben wir uns der Initiative „Two Sides“ angeschlossen, die in der Öffentlichkeit darüber informiert, dass Papier die nachhaltigere und dauerhaftere Alternative zu elektronischen Lesegeräten ist. Büropapier ist und bleibt dabei das komplementäre Speichermedium der elektronischen Anwendungen und trägt zudem zum Wachstum der Wälder und zum Erhalt des Papier- und Recyclingkreislaufes bei.

www.portucelsoporcel.com

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