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3D-Kinematik: Von der Haltung zur Bewegung

Über die Notwendigkeit, Ergonomie im Büro neu zu definieren, weiß Burkhard Remmers, Kommunikationsexperte beim Bürostuhlhersteller Wilkhahn, einiges zu berichten.

Bei einer natürlich abgestimmten 3D-Kinematik kann sich das Becken frei bewegen, gleichzeitig folgt der Rücken und stützt in jeder Haltung ab. Abb. Wilkhahn, "Trimension im neuen Bürostuhl IN". (Grafik: Wilkhahn)
Bei einer natürlich abgestimmten 3D-Kinematik kann sich das Becken frei bewegen, gleichzeitig folgt der Rücken und stützt in jeder Haltung ab. Abb. Wilkhahn, "Trimension im neuen Bürostuhl IN". (Grafik: Wilkhahn)

Wie bei kaum einem anderen Möbel verbinden sich beim Bürostuhl soziale, ökonomische und gesundheitliche Aspekte. So ist der Bürostuhl auch der Platzhalter für Rolle und Bedeutung desjenigen, der ihn "besitzt". Je breiter der Sitz, je höher die Lehne, je üppiger die Polsterung desto wichtiger ist das platznehmende Gesäß. Gleichzeitig wurde das Sitzen in Schulen und Bürosälen zum Instrument für Disziplin und Kontrolle. Und last but not least wurden Stühle zum Arbeitsinstrument für feinmotorische Handarbeiten: von den Buchhaltern in den Kantoren bis zu den heutigen Büroarbeitern mit Mouse-Navigation, Tastaturen oder Touchscreens.

In der offensichtlichen Bewegungsfaulheit sehen Evolutionsforscher aber auch einen natürlichen Mechanismus, um mit potenzieller Nahrungsknappheit umzugehen. Schließlich erforderte der Überlebenskampf häufig einen hohen Kalorienverbrauch. Die Sehnsucht nach Komfort zählt deshalb zu den stärksten Triebfedern der zivilisatorischen Entwicklung. Alles, was zu mehr Entlastung führt, wird angenommen und setzt sich durch. Auch dadurch wurde in den letzten 50 Jahren der körperliche Verschleiß reduziert und die Lebenserwartung erhöht.

Entsprechend hat sich die Ergonomie seit dem 19. Jahrhundert entwickelt: Cockpit-Organisation, Greifräume und Eliminierung von Störfaktoren bestimmen die Strategie. Denn im Verständnis einer tayloristischen Arbeitsorganisation können damit "unproduktive" Wegezeiten aus den Prozessen eliminiert werden. Analog der Strategie von Reduktion und Verdichtung wurde die Sitzergonomie auf Haltungsoptimierung ausgelegt: Mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten wird der Stuhl wie ein maßgeschneidertes Korsett an Körpergrößen, Formen und die "richtige" Arbeitshaltung angepasst. 

Heute ist der Bewegungsraum zur Erledigung der Büroarbeit oft auf die Größe eines Mouse-Pads, einer Tastatur und manchmal auf das Display des Smartphones reduziert. Mit fatalen Folgen: Weil der Muskulatur die Bewegungsreize fehlen, wird sie als größtes Stoffwechselorgan unterversorgt, die Stoffwechselrate sinkt, der gesamte Organismus fährt auf Sparflamme und langfristig werden Gelenke, Knochen und das Immunsystem geschädigt.

Die Kombination aus dauerhafter mentaler Überforderung mit gleichzeitiger körperlicher Unterforderung wirkt sich negativ aus, weil die Stresshormone bei einer schlechten Stoffwechselrate nicht mehr richtig abgebaut werden. Damit ist die haltungsorientierte Bürostuhlergonomie zum Teil des Problems geworden: Sie schwächt die Muskulatur, sie verhindert Haltungswechsel und sie reduziert die Stressresilienz.

Gesundheitswissenschaftler stellen deshalb die natürliche Stimulation in den Mittelpunkt einer neuen Sitzergonomie: Jede Haltung, die der Körper im Sitzen schmerzfrei einnehmen, und jede Bewegung, die er ausführen kann, ist richtig und wichtig. Je häufiger die Haltungswechsel, je vielfältiger und natürlicher die Bewegungen, desto besser werden Stoffwechsel, Wirbelsäule, Gelenke und Gehirn aktiviert.

Neue, dynamische 3D-Sitzkonzepte etwa mobilisieren die Hüfte als Kraft- und Bewegungszentrum, stimulieren die tiefe Rückenmuskulatur und aktivieren große Muskelschlingen von den Fußgelenken bis zum Schultergürtel. Eine Feldstudie des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln zeigt, dass mehr Bewegung beim Sitzen im Vergleich zu einer bewegungsreduzierten Kontrollgruppe zu einem signifikant verbesserten Wohlbefinden und einer verbesserten Konzentrationsleistung führt. Vor diesem Hintergrund lohnt es sich, nicht nur das Sitzen, sondern auch die Büroprozesse und den Büroraum zu überdenken.

www.wilkhahn.de 

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