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Auf den Weg gebracht

2008 stellte die belgische Stadt Gent den Aktionsplan Gent 2020 auf, der einen Weg in Richtung einer nachhaltigen, inklusiven und offenen Gesellschaft beschreibt. Mithilfe einer nachhaltigen, öffentlichen Beschaffung (SPP) möchte Gent den nachhaltigen Return of Investment erreichen.

Gent ist die Hauptstadt der belgischen Provinz Ostflandern und hat rund 250 000 Einwohner.
Gent ist die Hauptstadt der belgischen Provinz Ostflandern und hat rund 250 000 Einwohner.

Weitere Schwerpunkte sind unter anderem die Klimaneutralität, nachhaltige Mobilität und Energieeffizienz. Das Hauptziel ist es, Gent ab 2020 zu einer strategisch gesteuerten Beschaffungsorganisation zu formen, die auf Grundlage von effizienten Lebenszykluskosten und eines nachhaltigen Lieferantenmanagements beruht. Die nachhaltige Beschaffung von Papier und Büromaterialien ist eine der neuesten Bestrebungen der Stadt Gent. Im Februar 2013 begannen die Vorbereitungen für einen Rahmenvertrag über vier Jahre für Papier und Bürobedarf. Hierzu gehörte im Vorfeld eine ausgiebige Marktanalyse grüner Produkte und eine gründliche interne Nutzenanalyse, um die weiteren Auswirkungen des Vertrags auf die lokale Verwaltung zu ermitteln und um einen größeren Effekt für die Umwelt und die Wirtschaft sicherzustellen. Die Europäische Kommission hat sich die Förderung eines umweltorientierten, öffentlichen Beschaffungswesens (GPP) auf die Fahnen geschrieben. Gents Ausschreibungskriterien basieren sowohl auf GPP-Kriterien als auch auf Erfahrungen anderer Verwaltungen und der flämischen Regierung.

Das Hauptanliegen bestand darin, einen Weg zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu finden, indem etwa Lieferungen gebündelt werden. Aufgrund des neuen Vertrags, der Ende Januar dieses Jahres startete, agiert der Beschaffungsbereich Gents nun wie eine zentrale Beschaffungsstelle für mehrere Verwaltungsabteilungen, etwa für das Personalwesen und den Umweltbereich und für andere Institutionen, wie zum Beispiel die Feuerwehr, Polizei und das Sozialamt – sie alle können zu Konditionen des neuen Rahmenvertrags bestellen. Der Vertrag bietet zusätzlichen Nutzen, wie niedrigere Preise und verbesserte Nachhaltigkeitsaspekte.

Die Ausschreibung wurde in zwei Lose aufgeteilt: Papier und Bürobedarf, sodass ausschließlich auf umweltfreundliches Papier spezialisierte Unternehmen auch teilnehmen konnten. Die Bieter wurden aufgefordert ihre Produkte in Form eines Katalogs zu präsentieren, um die Bestellung zu vereinfachen. Zu den ökologischen, technischen Anforderungen gehörten unter anderem: Die bevorzugte Verwendung von wiederaufbereiteten Tonerkartuschen und Papier aus 100 Prozent Altpapier. Falls dies nicht möglich ist, wird auf Papier aus einem Mix von Recyclingpapier und demjenigen aus nachhaltiger Forstwirtschaft, etwa mit FSC- und PEFC-Siegel oder vergleichbaren Labels, gesetzt. Papier muss entweder elementarchlorfrei (ECF, das heißt vorwiegend mit Chlordioxid gebleicht) oder komplett chlorfrei (TCF) sein. PVC, etwa für Selbstklebendes oder für transparente Ordner, darf nicht verwendet werden. Für diese Produkte wird das Material Polypropylen (PP) verlangt. Für Marker wird auf wasserbasierte Farbe gesetzt.

Auch nachhaltige Büroartikel spielen bei der Stadt Gent nun eine Rolle.
Auch nachhaltige Büroartikel spielen bei der Stadt Gent nun eine Rolle.

Die Kriterien werden folgendermaßen gewichtet: Preis zu 80 Prozent, Qualität zu 15 und Service zu fünf Prozent. Bei Bürobedarf wird der Preis mit 35 Prozent, die Qualität mit 30, die Nachhaltigkeit mit 30 und der Service mit fünf Prozent veranschlagt. Das Papierlos entspricht letztendlich zu 100 Prozent nachhaltigen Kriterien, das Bürobedarfslos zu 85 Prozent. Ein wichtiger Fokus des Vertrags lag darauf, einen CO2-neutralen Lieferweg der Produkte zu verlangen. Das Ziel eines CO2-neutralen Transports war bei Cateringprodukten möglich, etwa bei nachhaltigen Sandwiches. Die Marktanalyse für Papier und Bürobedarf ergab allerdings, dass ein CO2-neutraler Transport ökonomisch nicht gerechtfertigt ist. Die CO2-Neutralität hätte einen unverhältnismäßig hohen Einfluss auf den Preis gehabt. Deshalb versuchte die Stadt Gent in Zusammenarbeit mit den Zulieferern wenigstens einen möglichst umweltbewussten Transport sicherzustellen.

Mit Inkrafttreten des Vertrags wurde die Zahl der Lieferungen um 85 Prozent reduziert, Lieferungen gibt es statt täglich nun nur noch zweimal im Monat oder monatlich. Die Bieter wurden dazu verpflichtet, bei Reduzierung der gewünschten Lieferungen, von täglich auf ein bis zwei Mal im Monat, Preisnachlass zu gewähren. Der angestrebte CO2-neutrale Transport setzt ein verändertes Verhalten der Kunden voraus. Dieser Veränderungsprozess ist nur möglich dank verstärkter Kommunikation und erhöhter Aufmerksamkeit (wie zum Beispiel Informationen im Intranet der Stadt). Ein internes Programm macht die städtischen Angestellten darauf aufmerksam, ihre Bestellfrequenzen zu reduzieren.

Das Bieterverfahren endete im September 2013, der Vertrag wurde Ende November vergeben und begann Ende Januar 2014. Er umfasst mehr als 400 Standardprodukte, mehr als 1500 zusätzliche Kleinteile für 500 unterschiedliche Lieferadressen bei einem jährlichen Auftragsvolumen von rund 500 000 Euro. Fünf Angebote wurden für die Papierausschreibung eingereicht, drei kamen von auf Papier spezialisierten Unternehmen. Für Bürobedarf erhielt Gent zwei Angebote von Unternehmen, die auch gleichzeitig für das Papierlos boten. Durch das Einfordern und die Bevorzugung von nachhaltigen Produkten und Verfahren erzeugte Gent eine Aufmerksamkeit rund um diese Umweltaspekte. Alle teilnehmenden Lieferanten erfüllten die vorausgesetzten Bedingungen und waren in der Lage zumindest 90 Prozent der gefragten Produkte anzubieten. Die meisten Lieferanten konnten die Stadt Gent von ihren nachhaltigen Verfahren, der Verpackung, dem Transport und den Produkten überzeugen. Manchmal gab es einen Mangel bei den geforderten technischen Voraussetzungen oder Schwierigkeiten bei der Beschaffenheit der Produkte. Da Extrapunkte für grüne Produkte vergeben wurden, gab es hier insgesamt gute Angebote. Wenn die Produkte teurer waren, durften die Unternehmen jeweils eine nicht-grüne Alternative anbieten.

Eine Trennung von Papier- und Bürobedarfslieferanten sorgte für bessere Preise.

Als hilfreich erwies sich ein Treffen mit den ausgewählten Lieferanten zu Beginn und ein aktives Managen des abgeschlossenen Vertrags. Gent wird die aktuellen Marktentwicklungen in Bezug etwa auf Produkte, Transportwege und Verpackungsmethoden weiter aufmerksam verfolgen. Die Verwendung eines zentralen Lagers und einer Versandadresse ermöglichte es der Stadt die Frequenz und die Art der Lieferung leichter zu beeinflussen. Wenn Gent weiterhin seine Beschaffungsvorgaben gebündelt den Lieferanten kommuniziert, kann die Stadt als federführender Konsument mit Vorbildfunktion agieren und der Markt könnte folgen.

bit.ly/1csLoMc

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