C.ebra
Ein Gastkommentar von: Ulrich Rehrmann, GMVK Procurement Group Geschäftsführer, Essen (Bild: GMVK)
Ein Gastkommentar von: Ulrich Rehrmann, GMVK Procurement Group Geschäftsführer, Essen (Bild: GMVK)

GMVK Procurement Group: Einkaufsoptimierung in der Krise

Homeoffice – das ist auch für Einkaufsberater eine neue Erfahrung. Viele berichten von gestoppten Kundenprojekten oder von „gebremstem Schaum“. Neukundengeschäft wird verschoben, solange die Unternehmen noch andere Prioritäten auf der Agenda haben. Kunden müssen dringend Versorgungssicherheit herstellen, und zwar auch diejenigen, die sich nach wie vor eines guten Auftragseingangs erfreuen. Die Mehrheit ist mit dem Hochfahren der Produktion befasst.

Bange blickt man auf Lieferanten, die in die Knie zu gehen drohen. Spätestens in sechs Monaten werden sich die Auswirkungen mangelnder Liquidität zeigen. Und damit poppt dann auch wieder ein hinlänglich bekanntes Problem hoch: die Abhängigkeit der OEMs von ihren vielen kleinen, im Monitoring vernachlässigten Lieferanten der Stufen 2, 3 und tiefer, die mit ihren tausenden Zulieferelementen zum Endprodukt beitragen. Jedes ausfallende Glied der Kette kann beim Kunden böse Folgen haben, auch das ist keine neue Erkenntnis.

Leider lassen sich Einkäufer diesbezüglich immer wieder böse überraschen und geraten so unvorbereitet in Handlungsnot. Wer sich hingegen ernsthaft mit Risikomanagement und Business Continuity befasst, der weiß, dass es längst nicht ausreicht, lediglich die Top 50-Partner im Blick zu behalten. Einkäufer und Supply Chain Manager haben eine Menge zu tun. Das war eigentlich schon vor Corona der Fall. Aber erst seit dem Lockdown ist vielen Unternehmenslenkern so richtig bewusst geworden, welche Bedeutung ihre „Manager der externen Wertschöpfung“ für den Weiterbestand oder gar die Neuausrichtung des Kerngeschäfts haben.

In der Krisen schlägt – mal wieder – die Stunde der Einkäufer!

Hoffentlich können diese jetzt auch auf Knopfdruck liefern. Wer bisher eher unter dem Radar der Geschäftsleitung und im Schatten des selbstvermarktungsstarken Vertriebs agiert hat, darf jetzt aus dem Schatten springen und punkten. Er muss es sogar. Denn der Vertrieb wird in den vergangenen Wochen aufgelaufenen Verluste aus eigener Kraft nicht aufholen können. Der Einkauf punktet erfolgsentscheidend, wenn er …

  • Automatisierung und Digitalisierung so weit vorangetrieben hat, dass zumindest Auftragsbestätigungen und andere Belege reibungslos über interne und externe Schnittstellen hinweg austauscht werden können (Excel und „analog“ war gestern!),
  • Vergleichbarkeit von Anbietern, Produkten und Preisen herbeigeführt hat,
  • am besten weiß, wer was im Unternehmen wirklich benötigt (und nicht der Lieferant!) jederzeit auf Knopfdruck sieht, zu welchen Konditionen bestellt wird, alle Artikel, Materialien und Dienstleistungen klassifiziert und spezifiziert hat,
  • keine kryptischen Produktbezeichnungen und Artikelnummernsalat mehr akzeptiert,
  • die Beschaffenheit auch erfolgskritischer Schrauben kennt (und nicht nur der Lieferant!),
  • seine Stammdaten sauber auf aktuellem Stand halten kann (endlich!),
  • sich nicht mehr in Abhängigkeit tradierter Lieferbeziehungen befindet,
  • Transparenz über alle Warengruppen hinweg hergestellt hat, wohlgemerkt auch über Indirects (also die vielen tausend Artikel, die Einkauf und Bedarfsträger quasi minütlich ordern),
  • Warengruppenmanagement professionell eingeführt bzw. ausgestaltet hat,
  • auf wissensbasierte Einkaufsoptimierung setzt, die sich an Ergebnissen messen lässt,

… dann sollten am Ende erhebliche Einsparungen zu Buche stehen: durch bessere Preise, effizientere und effektivere Prozesse.

Fakt: Ohne Digitalisierung lassen sich Warengruppen nicht professionell und nachhaltig managen

Rund 30 Prozent entfallen in etwa auf B- und C-Teile. Hier lag schon vor Corona immenses Potenzial brach. Das gilt es jetzt voller Elan konsequent voranzutreiben. Business Intelligence schafft die nötige Transparenz, ermöglicht bzw. optimiert Materialgruppen- und Wissensmanagement. Unter dem Strich können zunächst bis zu 20 Prozent Einsparungen stehen – und mithin eine EBIT-Erhöhung um bis zu 30 Prozent, ohne dass dafür in Entwicklung, Produktion oder Marketing neue Aktivitäten angeschoben (und finanziert) werden müssen.

Es gibt also bald auch für die Beratung wieder eine Menge zu tun, gerade wegen Corona. Einkaufsprojekte im B- und C-Bereich sollten am Ende nachweislich ausreichende Ergebnisbeiträge generiert haben, die dann neuen strategischen Maßnahmen zugutekommen können. Und nicht zu vergessen: Weil wir alle ja in Zukunft weniger Reisen werden (so manche Folien lassen sich tatsächlich wunderbar via Webex oder Microsoft Teams besprechen), schonen wir Berater nicht nur den Geldbeutel (der Kunden). Wir machen so auch unsere Autobahnen leerer und tun dem Klima gut. Argumente genug also – für den Einkauf und für die Geschäftsleitung.

Ein Gastkommentar von Ulrich Rehrmann GMVK Procurement Group, Geschäftsführer, Essen

www.gmvk.de

Verwandte Themen
82 Prozent der Unternehmen drucken laut einer aktuellen Bitkom-Studie weniger als vor fünf Jahren. Obwohl allen der wirtschaftliche Nutzen digitalen Arbeitens klar ist, drucken 42 Prozent noch aus Gewohnheit. (Bild: A stockphoto / iStock / Getty Images Pl
Unternehmen drucken weniger weiter
Rechercheplattform strategischebeschaffung.NRW gestartet weiter
Expense Reduction Analysts wird von nun an zur Era Group. (Bild: Era Group)
Aus Expense Reduction Analysts wird die ERA Group weiter
Der Hauptsitz von  Elo Digital Office in Stuttgart. (Bild: Elo Digital Office)
Elo Digital Office mit acht ECM-Tourstopps in ganz Deutschland weiter
Mit seiner Keynote „Digital und intelligent in eine erfolgreiche Zukunft“ zeigte Elo-Geschäftsführer Karl Heinz Mosbach auf, wie KI dazu beiträgt, das Leben zu erleichtern und von monotonen Aufgaben zu entlasten. (Bild: Elo Digital Office)
Besucherrekord beim ECM-Fachkongress von Elo Digital Office weiter
Das Unite Headquarter befindet sich mitten im Herzen der Stadt Leipzig. (Foto: Eric Kemnitz)
Unite eröffnet Unternehmenszentrale in Leipzig weiter