Einkauf: Prozesse und Kosten
- 30.06.2014
- Einkauf
Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung belegen, dass während sich die Preisrisiken minderten, Themen wie Versorgungssicherheit, Kundenorientierung und Nachhaltigkeit in den Vordergrund traten. Gleichzeitig haben viele Unternehmen den indirekten Einkauf und den Dienstleistungseinkauf in die Beschaffungsabteilungen integriert. Dadurch konnten Einsparpotenziale von fünf bis zehn Prozent erschlossen werden.
Die meisten Beschaffungsabteilungen haben ihre Bestellprozesse und Kosten im Griff. Der Einkauf hat gelernt, gut und günstig Bestellungen abzuwickeln. Was jedoch die Struktur und die Umsetzung der Einkaufsstrategie betrifft, sind die Potenziale noch lange nicht erschöpft. Dennoch verpassen viele Unternehmen bei der aktuell guten Konjunkturlage die Gelegenheit, die Weichen für schlechtere Zeiten zu stellen.
Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt außerdem, dass die Kosten je Bestellvorgang von durchschnittlich 98 auf 92 Euro noch einmal zurückgegangen sind. Hauptgrund ist jedoch keine direkte Kostensenkung, sondern die Tatsache, dass die Bestellungen im Zuge der Automatisierung kleinteiliger geworden sind, wodurch deren Anzahl automatisch gestiegen ist.
Trotz schlanker Prozesse bleibt in vielen Unternehmen die Umsetzung der Einkaufsstrategie auf der Strecke. Die Kennzahlen zur Lieferantenentwicklung, Standardisierung und Early Involvement stagnieren seit 2007. Auch in der Mitarbeiterstruktur überwiegt nach wie vor der Anteil des operativen Einkaufs.
Im jedem dritten Unternehmen ist die Verhandlung von Zahlungszielen mehr oder weniger eine „Zufallssache“, obwohl gerade hier der Wertbeitrag des Einkaufs, eine Liquiditätssteigerung, sehr transparent wird. Die Best-in-Class-Unternehmen haben dies längst erkannt und konnten in den vergangenen drei Jahren ihre Zahlungsfristen teilweise um das Zweifache verlängern.
Die Kennzahlen des BME erlauben einen Vergleich mit Unternehmen der gleichen Branchengruppe beziehungsweise Umsatzgröße und somit eine Standortbestimmung der Einkaufsfunktion. Zu erkennen ist, dass der erhöhte Kostendruck den Einkauf verstärkt nach neuen Wegen und Möglichkeiten suchen lässt. Während im Bereich Produktionsmaterial viele ihre Hausaufgaben schon gemacht haben, richten sich die Blicke immer auf die so genannten nicht traditionellen Beschaffungsbereiche. Viele Unternehmen haben zwar indirekten Einkauf und Dienstleistungen in die Beschaffungsabteilungen integriert und es bleiben immer weniger Tabuthemen für den Einkauf, in vielen Bereichen ist allerdings noch sehr viel zu tun. Dabei ist die Beteiligung des Einkaufs oft eine „politische Sache“, die unabhängig von der Höhe des Einkaufsvolumens beschlossen wird.
Die Einbindungsquote des Einkaufs in den Beschaffungsprozess ist eine der wichtigsten strategischen Kennzahlen, die über seine strategische Ausrichtung und Stellung im Unternehmen beurteilen lässt. Gemessen am Beschaffungsvolumen, das in seiner Verantwortung liegt, ist der Einkauf bei gut zwei Drittel der Ausgaben frühzeitig eingebunden, wobei das Produktionsmaterial konstant die höchste Quote aufweist. Ferner lässt sich feststellen, dass die frühzeitige Einbindungsquote bei Großunternehmen höher ausfällt als beim Mittelstand.
Auch bei Nicht-Produktionsmaterial und Investitionsgütern lässt sich im Vergleich zum Vorjahr kaum eine Verbesserung feststellen: Die Einbindung des Einkaufs bereits während der Bedarfsentstehung pendelt seit 2010 zwischen 40 und 45 Prozent. Hier stellt sich die Frage, ob der Einkauf nun somit seine „Akzeptanzgrenze“ in den Fachabteilungen erreicht hat? Hier muss offensichtlich noch Aufklärungsarbeit geleistet werden, denn in vielen Unternehmen fehlt noch das Vertrauen in den Einkauf: Er wolle nur gute Lieferanten durch billige ersetzen. Vielmehr soll der Einkauf als interner Dienstleister wahrgenommen werden, mit dem man kooperiert, um gemeinsam die Wertbeiträge zu steigern. Dennoch ist er bei circa einem Viertel des verantworteten Beschaffungsvolumens lediglich für die Vertragsgestaltung und Bestellauslösung verantwortlich.
Für alle Warengruppen haben rund ein Viertel aller Unternehmen eine Beschaffungsstrategie definiert, wobei das Produktionsmaterial mit 33,98 Prozent mit Abstand vorne liegt. Die meisten Einkaufsabteilungen haben für die wichtigsten Warengruppen Beschaffungsstrategien festgelegt, wobei ein nicht unerheblicher Teil des Einkaufsvolumens weiterhin „unsystematisch“ beschafft wird. „Tabellenführer“ bleibt der Bereich der Investitionsgüter. Hier ist die Situation seit drei Jahren unverändert. Insbesondere im produzierenden Gewerbe hat der Einkauf relativ wenig Mitspracherecht, hier trifft die Betriebsleitung oft alleine Entscheidungen über bevorstehende Anschaffungen.