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„Lieferanten des Jahres 2014“: Michel Bernhard (Mitte), Geschäftsführer von Optipac; Ron Bertolla, Leiter Einkauf Biella Schweiz AG, Leiter Koordination  Einkauf Biella Group und Brigitte Kiener, Verantwortliche Einkauf Handelsware
"Lieferanten des Jahres 2014": Michel Bernhard (Mitte), Geschäftsführer von Optipac; Ron Bertolla, Leiter Einkauf Biella Schweiz AG, Leiter Koordination Einkauf Biella Group und Brigitte Kiener, Verantwortliche Einkauf Handelsware

Biella: Lieferantenbewertung ist wichtig

Seit 2014 wählt Biella den "Lieferanten des Jahres". Die Beurteilung basiert auf einem selbstentwickelten System. Ron Bertolla, verantwortlich für den Einkauf bei Biella, beschreibt die Vorgehensweise seines Unternehmens.

Als ich zu Beginn meiner Tätigkeit als Leiter Einkauf bei der Biella meine Mitarbeiter fragte, wie pünktlich Lieferant A oder Lieferant B liefere, wurde mir klar, dass keine belegbare Antwort möglich ist. „Ja, der liefert immer sehr pünktlich“ oder „Wir haben die Qualität bei diesem Lieferanten im Griff“ waren mögliche Antworten.

Eines unserer Hauptziele war somit die Erstellung einer systematischen Lieferantenbeurteilung für die Biella Schweiz AG. Zwar haben viele Firmen Beurteilungen im Einsatz, allerdings beruhen diese zu oft auf den Aussagen der einzelnen Einkäufer. Damit mehr Objektivität möglich wird, muss die Beurteilung aus messbaren Zahlen bestehen, und die Daten müssen idealerweise aus einem ERP-System stammen. Anschließend muss jedes Kriterium nach einer klar festgelegten Formel berechnet werden, wobei die Erfahrung der Einkäufer auf keinen Fall komplett ausgeblendet werden darf, sondern gezielt zum Einsatz kommen muss.

Das Zweite, was uns immer wieder gestört hat, sind die viel zu komplexen Beurteilungen. Was bringen 20 Kriterien, wenn diese auf das Ergebnis keinen oder nur einen geringen Einfluss haben? Maximal vier bis fünf Kriterien, welche einfach zu deuten sind, bringen dem Einkauf, aber auch dem Lieferanten einen Mehrwert. Das Ziel einer Lieferantenbeurteilung ist nicht, den Lieferanten zu drangsalieren oder ihm seine Schwächen aufzuzeigen, sondern mit einer möglichst objektiven Beurteilung eine gemeinsame Basis zu schaffen, damit die gute Performance gehalten beziehungsweise Schwachstellen mit Maßnahmen angegangen werden können.

Kriterienlandschaft der Lieferantenbeurteilung der Biella Schweiz AG
Kriterienlandschaft der Lieferantenbeurteilung der Biella Schweiz AG
Eigenes Beurteilungssystem

Unsere Beurteilung basiert auf insgesamt vier Kriterien. Der Preis, die Qualität, die Lieferung mit jeweils einer Gewichtung von 30 Prozent sowie das Engagement mit einer Gewichtung von 10 Prozent.

Der Preis wird dabei von zwei verschiedenen Komponenten beeinflusst. Erstens berechnen wir die effektive Preisentwicklung eines Produkts, und zweitens gibt uns der zuständige Einkäufer ein Feedback zum Thema „Preisverhalten“. Diese beiden Ergebnisse werden jeweils zu 50 Prozent gewichtet und ergeben dann das Endresultat des Kriteriums „Preis“.

Bei der Qualität ist die Berechnung ziemlich einfach: Wir registrieren alle Reklamationen und Qualitätsfälle und stellen diese in ein Verhältnis zu den Lieferpositionen.

Für uns ist die Liefertreue eine der wichtigsten Aussagen. Wir unterscheiden dort wiederum zwei Unterkomponenten. Einerseits berechnen wir die Mengentreue einer Lieferung: Hält der Lieferant unsere Bestellmengen ein? Eine Minderlieferung wird dabei strenger beurteilt als eine geringe Überlieferung. Andererseits vergleichen wir den bestätigten Liefertermin mit dem effektiven Wareneingang. Dabei haben wir einen Toleranzwert festgelegt. Das Ergebnis der Mengentreue wird zu 40 Prozent gewichtet und das Ergebnis der Liefertreue zu 60 Prozent. Beide Resultate zusammen ergeben das Kriterium "Lieferung".

Als letztes Kriterium beurteilen wir das Engagement. Dafür gibt der zuständige Einkäufer ein Feedback über die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten ab. Dieser Wert wird mit 10 Prozent gewichtet.

Erfahrungen des ersten Jahres

Die Erfahrungen der vier Quartalsbeurteilungen des ersten Jahres waren sehr positiv. Wir haben die Resultate wenn möglich persönlich mit den wichtigsten Lieferanten besprochen. Deren Feedbacks haben uns wiederum geholfen, die Beurteilung zu verbessern. Es ist wichtig, dass wir auch gute Leistungen belegen und an die Lieferanten weitergeben können. Wir hoffen, dass dies unsere Lieferanten motiviert, uns bei dringenden „Feuerwehrübungen“ bestmöglich zu unterstützen. Der Erfolg unserer Qualitätsbemühungen ist messbar: Von zehn Lieferanten, denen wir Maßnahmen für eine Verbesserung vorgeschlagen hatten, konnten bei der nächsten Beurteilung insgesamt sieben eine bessere Punktezahl erreichen. Wir wissen heute bei jeder Produktegruppe, wo wir mit jedem Lieferanten stehen und wo wir noch Luft nach oben haben.

Lieferant des Jahres 2014

Als Lieferant des Jahres der Biella Schweiz AG hat sich eine Firma knapp von der Konkurrenz abgesetzt: die Firma Optipac GmbH aus St. Gallen, spezialisiert auf Versand und Spezialverpackungen. Der Geschäftsführer, Michel Bernhard, hat sich mit seinem Team als sehr kreativer und zuverlässiger Partner bewiesen. Kontinuierlich haben wir durch Bündelungen und Standardisierungen die Einkaufsvolumen gesteigert.

Ausweitung auf ganze Gruppe

Die Ergebnisse und Diskussionen mit den Lieferanten, aber auch innerhalb der Geschäftsleitung der Biella haben uns dazu bewogen, 2015 die Lieferantenbeurteilung auf die strategischen Lieferanten der gesamten Biella Group auszuweiten und die Standorte Deutschland, Polen, Rumänien und England einzubeziehen. Damit erhalten wir eine gruppenweite Übersicht über die Performance unserer Hauptlieferanten. Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem einfachen, aber effektiven Lieferantenbeurteilungssystem eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung erreichen werden.

www.biella.ch

Von Ron Bertolla
Mit freundlicher Genehmigung von „Procure CH- Beschaffungsmanagement 04/2015“

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