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Das von öffentlichen Auftraggebern oft präferierte Absehen von europaweiten Verfahren kann schlimme Folgen haben: (Bild: ThinkstockPhotos 476293709)
Das von öffentlichen Auftraggebern oft präferierte Absehen von europaweiten Verfahren kann schlimme Folgen haben: (Bild: ThinkstockPhotos 476293709)

Vergabeverfahren: Rein nationale Ausschreibung birgt Risiken

  • 25.07.2016
  • Einkauf
  • C.ebra Redaktion

Die Durchführung eines nationalen Verfahrens statt einer europaweiten Ausschreibung ist in der Praxis sicher weit verbreitet, birgt aber etliche Risiken.

Darauf verweist Torben Schustereit, Rechtswalt bei der Kanzlei GKMP Pencereci Rechtsanwälte aus Bremen, in einer aktuellen Analyse eines Urteils des Oberlandesgerichts München. Er führt aus: „Dies mag teilweise daran liegen, dass Auftraggebern unbewusst ist, wie eine Schätzung des Auftragswertes nach § 3 VgV aufzustellen ist.“ Teilweise werde der Auftragswert jedoch auch bewusst (und unzutreffend) klein geschätzt, um eine aus Sicht vieler Auftraggeber unerwünschte europaweite Ausschreibung zu vermeiden. Schustereit: „Hier besteht vielfach die Angst, dass Vergabeverfahren könnte aufgrund der Möglichkeit der Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens zeitlich verzögert, die Ausführung verteuert oder schlicht blockiert werden.“

Aber die Durchführung eines nationalen Verfahrens könne noch schlimmere Auswirkungen haben, so der Fachanwalt weiter: „Aufgrund der Feststellung der Unwirksamkeit des geschlossenen Vertrags nach § 135 Abs. 1 GWB droht beispielsweise dessen Rückabwicklung. Ebenso wird der Vergabestelle durch die unterlassene EU-weite Bekanntmachung das schärfste Schwert des Verfahrens gegen taktierende und das Verfahren torpedierende Bieter (die nach den Erfahrungen des Autors die absolute Ausnahme darstellen) genommen – die Präklusion des Vorbringens gem. § 160 Abs. 3 GWB.“

Allein die unterlassene europaweite Bekanntmachung eröffne jedem Unternehmen, dass sich nicht am Verfahren beteiligt hat oder (bei freihändiger und beschränkter Vergabe) nicht am Verfahren beteiligt wurde, zu Recht die Feststellung der Unwirksamkeit zu beantragen.

Die Entscheidung des OLG München (Beschl. v. 02.06.2016 – Verg 15/15) zeige, dass das von öffentlichen Auftraggebern oft präferierte Absehen von europaweiten Verfahren schlimme Folgen haben kann, fasst Schustereit zusammen. Die Durchführung eines Verfahrens unter Beachtung der Vorschriften des GWB ist im Vergleich hierzu zumindest das kleinere Übel – und die allemal rechtmäßigere Alternative.

Kontakt: www.gkpm.de 

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