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Arbeitsplatz für sehbehinderte Menschen
In diesem Pilotprojekt haben die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Hannover zusammen mit Hänel und Dräger & Lienert einen neuen Arbeitsplatz für sehbehinderte Menschen gestaltet.

Arbeitsplatz für Blinde

Blinde sind in ihrer Arbeitsgeschwindigkeit durch unnötig komplizierte Abläufe stärker betroffen als Sehende. Arbeitsabläufe so intuitiv und einfach wie möglich zu gestalten und zeitraubende Routinetätigkeiten zu automatisieren, ist immer Antrieb sehbehinderter Menschen. In einem Pilotprojekt gestaltete das Referat des Inneren Dienstes im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Hannover einen neuen sehbehindertengerechten Arbeitsplatz. Im Bereich der Materialausgabe entwickelte das Ministerium zusammen mit Hänel und Dräger & Lienert ein Umlaufregalsystem ohne Barrieren.

Gestaltung der Wirtschaftsordnung, Verkehrsinfrastruktur und Arbeitsmarktpolitik sind die Betätigungsfelder des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Hannover. Eines der ehrgeizigen Ziele des Ministeriums ist unter anderem Gesetze und Verordnungen in Bezug auf die Verständlichkeit zu vereinfachen. Auch die Realisierung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen hat im Ministerium selbst große Bedeutung. In einem Pilotprojekt gestaltete das Referat des Inneren Dienstes im Bereich der Materialausgabe einen Arbeitsplatz für blinde Menschen. Der verantwortliche Projekt- und Referatsteilleiter, Regierungsdirektor Udo Ernst, erläutert: „Die Büro- und Schreibwaren für rund 330 Mitarbeiter im Ministerium waren ehemals in Schränken untergebracht, die wegen des großen Platzmangels in mehreren Zimmern verteilt waren. Um die Lagerhaltung und Ausgabe des Büromaterials zu verbessern, haben wir durch ein barrierefreies Umlaufregal den Arbeitsplatz unserer sehbehinderten Schreibkraft Frank Lüders neu ausgerichtet.“

Anhand des Umlaufregals von Hänel, einem namhaften Experten für platzsparende und automatisierte Lagertechnik, wurde die gesamte Büromaterialausgabe im Ministerium optimiert und neu organisiert. In einem Pilotprojekt entwickelte Udo Ernst mit seinem Team zusammen mit Hänel und dem Software-Spezialisten für blindengerechte Anwendungslösungen Dräger & Lienert mit einer speziellen Eingabe-Tastatur ein automatisches Umlauflager-System ohne Barrieren für blinde Bediener. Vor dem Hintergrund der Inklusion lässt sich durch eine zusätzliche Paternoster-Steuerung, die auf einem Pult flexibel abgestellt ist, das automatische Umlaufregal natürlich auch durch Sehende bedienen. Der selbst stark sehbehinderte Geschäftsführer von Dräger & Lienert, Hans-Jörg Lienert, bekundet: „Für diese Anwenderlösung haben wir speziell den Kontaktmanager – eine Lagerverwaltung für blinde Anwender entwickelt. Über die standardisierte Schnittstelle von Hänel konnten wir diese Software ohne Probleme in die Mikroprozessor-Steuerung des Paternosters integrieren.“ Udo Ernst fügt an: „Mit der neuen Organisation der Materialausgabe wurden die starren Ausgabezeiten abgeschafft und damit der Service und die gesamte Lagerhaltung verbessert.“

Umlauflager ermöglicht strukturierte Lagerhaltung

Durch die kompakte Bauweise mit der vertikalen Umlauftechnologie nutzt der Paternoster die gesamte Raumhöhe zur Lagerhaltung und benötigt dabei nur ein paar Quadratmeter Stellfläche. So werden wertvoller Lagerplatz und Kosten zur Lagerhaltung eingespart. Mit Hilfe der Multifunktions-Tragsätze auf den Tablaren bietet es eine variable Inneneinrichtung für die rund 350 Büroartikel des Ministeriums. Die individuelle und flexible Anpassung der Tragsätze auf 26 Regalebenen wird ermöglicht durch die in den Rasterstanzungen eingehängten Zwischenböden und verstellbaren Trennteiler.

Das Auffinden von Büroartikeln ist für sehbehinderte Kollegen nun einfach möglich.
Das Auffinden von Büroartikeln ist für sehbehinderte Kollegen nun einfach möglich.

Der stark sehbehinderte Service-Mitarbeiter Frank Lüders erläutert: „Damit wir uns in einer Regalebene zurechtfinden können, haben wir jeweils 24 schmale und 12 Lagerbehälter in doppelter Breite in einem Regal untergebracht. Dort sind Kleinteile wie Büroklammern, Radiergummis oder Textmarker und Bleistifte eingelagert. Vier Multifunktionstablare wurden mit jeweils einem herausnehmbaren Einsatz zur Unterbringung von DIN-A4-Steh-Ordnern und jeweils einem verstellbaren Fachschieber für die Schnellordner und Sichthefte ausgerüstet. Mit zusätzlichen Aufklebern auf den Regalen in der Braille-Punktschrift finden wir uns bei der Entnahme sehr gut zurecht.“ Das Sicherheitssystem besteht aus einer automatischen Unlastwarneinrichtung, die den geschlossenen Paternoster vor ungleichmäßiger Beladung schützt sowie einem Lichtvorhang, der den Paternoster im laufenden Betrieb stoppt, und so den Bediener schützt.

Bei einer Materialbestellung werden die Daten einfach in der Reihenfolge Artikelname, Regalebene und Lagerbehälter mit der Computer-Tastatur im Kontaktmanager eingegeben. Frank Lüders erklärt: „In der Lagerverwaltung können wir natürlich auch neue Lagerobjekte in einem Lagerfach hinterlegen. Dazu wird einfach der neue Ablageort eingegeben. Da ich als ehemalige Schreibkraft die Tastatur problemlos bedienen kann, gebe ich auch die Computerbefehle mit Shortcuts ein.“ Seine blinde Kollegin benutzt zur Dateneingabe hingegen die zusätzlich auf der Computer-Tastatur untergebrachte Braille-Zeile. Mit dem „Screenreader“ und der Sprachausgabe werden alle Eingaben kontrolliert. Anschließend transportiert das Umlaufregal den angeforderten Artikel zur Entnahmestelle.

„Da blinde und stark sehbehinderte Menschen besonders durch Änderungen betroffen sind, ist die Nachhaltigkeit von Software-Systemen ein wichtiger Aspekt. Ein Software-Update, das zum Beispiel den ‚Screenreader‘ verstummen lässt, kann für einen blinden Anwender eine massive Hürde bilden. Solche Softwaresysteme müssen im Idealfall bedarfsgerecht weiterentwickelt und nicht ungeprüft und zyklisch ausgetauscht werden. Um unterbrechungsfrei arbeiten zu können, sollten für die blinden Mitarbeiter alle unnötigen Update-Funktionen deaktiviert werden“, bemerkt Hans Jörg Lienert.

Fazit und Zukunft

In diesem Pilotprojekt gestalteten die Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums Hannover zusammen mit Hänel und Dräger & Lienert einen neuen Arbeitsplatz für Sehbehinderte. Mit Hilfe der neuen Lagerverwaltung von Dräger & Lienert können blinde Menschen die Materialausgabe am Paternoster barrierefrei durchführen. Darüber hinaus kann mit der externen Pult-Steuerung auch ein Sehender den Paternoster jederzeit bedienen und auf die Lagerplätze zugreifen. Hans-Jörg Lienert bemerkt: „Blinde Menschen sind besonders daran interessiert effiziente Arbeitsumgebungen zu schaffen. Frank Lüders und Sabine Wulfes haben durch ihr strukturelles Denken wichtige Impulse in der Arbeitsorganisation und bei der Softwareentwicklung zum Kontaktmanager gegeben.“ Durch Wegfall der starren Ausgabezeiten wurde die Büromaterialausgabe flexibel gestaltet. Das Umlauflager von Hänel überzeugt dabei durch geringen Platzbedarf und die große Flexibilität und Transparenz der gesamten Abläufe. Es ist robust, wirtschaftlich und spart durch die geringe Stellfläche Kosten bei der Lagerhaltung ein. Udo Ernst resümiert: „Mit dem Paternoster hat sich die gesamte Lagerhaltung und der Service bei der Materialausgabe deutlich verbessert und wir haben zusammen mit Hänel und Dräger & Lienert ein weiteres Betätigungsfeld für unseren sehbehinderten Kollegen entwickelt.“ 

Ein Artikel von Gerd Knehr

www.haenel.de

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